Der Einfluss von kognitiven Technologien im Mathematikunterricht

 

Lubomír Sedláèek

 

Resümee

 

In meinem Beitrag befasse ich mich mit der Problematik des Einflusses von kognitiven Technologien  auf die Qualität des Mathematikunterrichts. Ich beschreibe hier auch den Mechanismus und  die statistische Auswertung einer Phase des pädagogischen Experiments. Mit diesem Experiment vergleiche ich den computerunterstützten Geometrieunterricht mit  Hilfe von der Software Cabri Geometrie mit dem traditionellen Unterricht. Außer der statistischen Untersuchung widme ich mich hier auch deren qualitativen Aspekten.

 

Schlüsselwörter

 

Kognitive Technologie, computerunterstützter Unterricht, Cabri-Geometrie, pädagogische Untersuchung, experimentaler Unterricht, auf doppelter Auswahl an Unterschieden basierender Test, Kovarianzanalyse.

 

I.                   Technologie im Unterricht

 

Der mächtige Aufstieg von didaktischen Techniken in den letzten Jahren führt zur Entstehung von ganz neuen Technologien und hat  auch Einfluss auf den Mathematikunterricht in unseren Schulen. Fast alle diese  Technologien sind mit Computern verbunden. In  dieser Zeit werden sie in  Informationstechnologien (Internet, multimädiale Enzyklopädien, Wörterbücher ...), Kommunikationstechnologien (E-mail, elektronische Konfernezen, ICQ, Telefone, Datenübertragungen .....) und kognitive Technologien unterteilt.

Unter kognitive Technologien, die in der  Mathematik verwendet werden, beziehen wir  folgende Systeme ein:

-         algebraische  mit Computern gesteuerte Systeme (z.B. Produkte Maple, Mathematica ....)

-         Mikrowelt (Logo, Imagine .....)

-         grafische Rechner (ISES, LegoDacta .....)

-         Mittel der dynamischen Geometrie (Cabri, Sketchpad, Cinderella, Euklides, ..... (1)

 

Die kognitiven Technologien sind im Stande, den Mathematikunterricht qualitativ  bedeutend besser zu machen. Sie bilden eine  virtuelle Welt, die den Schülern ermöglicht zu experimentieren, mathematische Erkenntnisse zu  prüfen, neue Hypothesen zu  erstellen  und  Gedanken  visuell zu prüfen. Auf diese Weise können die Schüler konstruktive Wege zu Erkenntnissen  erfahren. 

Gegenüber dem traditionellen Unterricht, wo  Informationen  manchmal  nur vermittelt werden (transmisiver Unterricht)  oder  in dem   Instruktionen  zum Fortgang  bloß gegeben werden (instruktiver Unterricht) kommt es beim Einsatz von diesen Technologien  im  Unterricht zur Entfaltung  von einem tieferen  Verständnis  bei den  Schülern. (2)

 

 

 

 

II.                Dynamische Geometrie

 

Zu den Programmen aus dem Bereich  der  kognitiven Technologien, die in den letzten  Jahren in den Mathematikunterricht an unseren Schulen eingesetzt werden, gehört ohne Zweifel das Produkt  aus dem Bereich der  dynamischen Geometrie Cabri Geometrie.

Diese Software ist eines der  anschaulichsten Programme, die für den Geometrieunterricht in unseren Grund- und Mittelschulen geeignet sind. Mit  Hilfe von  einem Overhead-Projektor im Unterricht ermöglicht sie einen qualitativ neuen Geometrieunterricht. Man kann den Studenten auf dem Bildschirm  das zeigen, was unmöglich  ist,  weder im Lehrbuch zu sehen  noch  aufzuzeichnen ist – genau, anschaulich und dynamisch.

Mit dem Programm arbeitet man auf dieser Weise, dass der Benutzer mit Hilfe von Maus und von einer Reihe Konstruktions-, Formats-, Mess- und Animationsmitteln auf der Zeichenebene verschiedene Objekte bildet (Punkte, Kreise, Geraden, Polygonen, Senkrechte, Gleichlaufende, ...), die untereinander interaktiv sind.  Dadurch entstehen geometrische Bilder, in denen das Programm im Stande ist, Seitenlängen, Winkelgrößen, den Umfang von Flächenbildern  zu messen und der integrierte Kalkulator ermöglicht uns mit gemessenen Werten weiter zu arbeiten. Der wichtigste Vorteil gegenüber dem klassischen geometrischen Zeichnen besteht in der Dynamik. Die gebildeten Punkte oder sogar die ganzen Konstruktionen kann man fassen und sie auf der Arbeitsfläche verschieben. Dabei werden alle weiteren Konstruktionselemente, die entweder mit diesen Punkten oder mit Konstruktionen verbunden sind, gleichzeitig umgezeichnet und ihre Lage und Entfernungen umgerechnet. Die Cabri -Mittel können auf diese Art und Weise jede beliebige geometrische Konstruktion „beleben“. Die Konstruktionen verwandeln sich direkt vor den Augen und erwecken die Interesse der Studenten an dem Experimentieren und der Hypothesenbildung. Die sich bewegenden Objekte können sogar nach dem davor gemachten Markieren eine Spur hinterlassen und es ist sogar möglich direkt eine Objektmenge zu bilden,  die durch die Punktbewegung auf einer bestimmten Bahn definiert wird. Mit dem Hilfsmittel „Geschichte“ können wir dann sehr schnell und übersichtlich die Konstruktionen im voraus vorbereiteter oder früher gebildeter Aufgabenlösung wiederholen. (6)

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III.             Pädagogische Untersuchung

 

Da der computerunterstüzte Unterricht nicht nur positiven Feedback hat  und bei Lehrern  Misstrauen erweckt, habe ich mich entschieden eine pädagogische Forschung zu machen. Diese läuft seit Anfang des Schuljahres 2004/05 in den zweiten Klassen am Gymnasium Zlín im Geometrieunterricht in der Form eines pädagogischen Experimentes.

 Das Ziel des Experimentes  besteht im Vergleich des computerunterstützten Geometrieunterrichts mit dem „traditionellen“ Unterricht.  Der computerunterstützte Geometrieunterricht bedeutet, dass die Schüler  im Klassenraum unterrichtet werden, der mit Computern und  Overhead-Projektor ausgestattet ist, wobei die Software Cabri – Geometrie benutzt wird. Beim traditionellen Unterricht  arbeitet man  mit klassischem Zeichnen  und Darstellen an der Tafel.

Das Experiment verläuft in zwei Phasen mit  zwei parallelen Gruppen, in denen Schüler aus den zweiten Klassen des Gymnasiums sind.  Von vier Klassen wurden zwei Gruppen ausgewählt – eine experimentale und eine redundante. In der experimentalen Gruppe waren per Zufall ausgewählte Klassen (48 Schüler), die redundante Gruppe haben die übriggebliebenen Klassen gebildet (54 Schüler).  Am Anfang  des  Experiments wurde in beiden Gruppen  mittels eines Eingangstestes das Niveau der Kenntnisse aus dem Bereich  der Planimetrie getestet. Diese wurde bis jetzt mit Hilfe  der klassischen Methode unterrichtet.  Danach wurde mit  dem Unterrichten  der Einheit „Darstellung in der Ebene“ begonnen. In der experimentalen Gruppe wurden Computer und Cabri - Geometrie eingesetzt, in der  redundanten Gruppe wurde traditionell unterrichtet. Der computerunterstützte Unterricht und  die traditionelle Methode waren das einzige Element, wodurch sich beide Gruppen unterschieden haben. Alle anderen Details, einschließlich des Lehrers, waren gleich. Nach 5 Wochen (14 Unterrichtsstunden)  wurden die Schüler beider Gruppen mittels eines Ausgangstests getestet. Danach wurden die  Ergebnisse der beiden Tests statistisch  verarbeitet und es ist zur Zusammenstellung der Ergebnisse der experimentalen Veränderung gekommen. Damit wurde die erste Phase beendet. Die Schüler beider Gruppen (der experimentalen und der redundanten)  sind  zur traditionellen  Methode im Unterricht zurückgekehrt. Drei Monate danach soll  die zweite Phase des experimentalen Unterrichts auf ähnliche Weise stattfinden.

 

IV. Statistische Auswertung des experimentalen Unterrichts

 

Zur Verfügung stehen Angaben über zwei Schülergruppen (eine experimentale und eine redundante), wobei jeder Schüler mittels 2 Tests  (Eingangs- und Ausgangstest) ausgewertet wurde. Das Ziel war, beide oben genannten Gruppen zu vergleichen..

Angesichts dessen, das die doppelte Auswertung von einem und demselben Schüler  nicht als unabhängige  Auswertung  gelten kann, war es nötig, eine andere Methode zu wählen, die solche Tatsache berücksichtigt. Es kamen  dabei zwei Möglichkeiten in Frage. Auf den ersten Blick schien folgender Fortgang leichter zu sein: bei jedem Schüler eine Veränderung festzustellen (Unterschied zwischen dem Eingang und Ausgang) und die Höhe der Veränderungen in der experimentalen und in der redundanten Gruppe zu vergleichen (auf doppelter Auswahl an Unterschieden basierender Test). Die zweite Möglichkeit hat darin bestanden, dass bei jedem Schüler eine Adjustierung der Ausgangsaswertung gegenüber der Eingangsauswertung gemacht  wurde und erst danach diese adjustierenden Werte verglichen wurden(Kovarianzanalyse).                       

Ich habe stufenweise beide Methoden benutzt. Mittels beider Methoden konnte man zum übereinstimmenden Resultat kommen: Jedes mal habe ich den Unterschied zwischen der experimentalen und redundanten Gruppe nachgewiesen.

 

 

V.                 Resultat der statistischen Untersuchung der ersten Phase des Experiments

 

Aus der oben genannten statistischen Untersuchung ergibt sich, dass ein Unterschied zwischen der experimentalen und redundanten Gruppe  nachgewiesen wurde. Die Schüler der experimentalen Gruppe hatten im Ausgangstest bessere Resultate als die Schüler der redundanten Gruppe. Deshalb können wir bis jetzt, nach der Realisierung der ersten Phase des Experiments, behaupten, dass der computerunterstützte Geometrieunterricht bei der Verwendung vom Cabri –Geometrie -Programm einen besseren Einfluss auf das Niveau der Kenntnisse hat als der traditionelle Unterricht.

 

VI.              Qualitative Aspekte des experimentalen Unterrichts

 

Den Geometrieunterricht mittels Computer  nehmen  die Schüler sehr positiv an. Sie lösen Probleme, die ihnen in Form von interaktiven Bildern  vorgegeben werden, die die mathematische  Situation darstellen. Die Schüler können mit Bildern manipulieren und durch das Experimentieren stellen sie fest, wie das Bild  reagiert. Auf Grund dessen bilden sie Hypothesen, die sie weiter  prüfen und dadurch allmählich die Eigenschaften des  betreffenden Modells entdecken. Der Unterricht wird auf diese Weise konstruktiv. Die Schüler  spielen die Rolle der „Forscher“, die selbst neue  Zusammenhänge und  Gesetzmäßigkeiten entdecken. Dieses führt zu höherer inneren Motivation und zum  schöpferischen Denken.

Mittels Cabri  können die Schüler sofort visuell ihre Gedanken und Ideen  realisieren, ohne mühevoll und zeitraubend geometrisch zu zeichnen. Diese Tatsache wird zu einem großen Vorteil für die Schüler, die die Freude an der Geometrie nur deswegen verlieren, weil sie nicht zeichnen können. Mit Hilfe von Computern  konstruierte Bilder sind  durchaus genau und sehr ästhetisch. Diese  Eigenschaften  treten  vor allem bei komplizierteren  Konstruktionen  hervor,  die bei  der Ausarbeitung  von  Schülern  und  beim klassischen  geometrischen Zeichnen  ungenau und  unübersichtlich  würden. Manche  der  Schüler sind nicht im Stande zwischen den Haupt- und  Hilfslinien  zu unterscheiden. In Cabri -Geometrie stehen uns  verschiedene  Farbtöne, Liniendicken und Linienstile zur Verfügung. Darüber hinaus können wir Hilfslinien oder Objekte, die zwar nötig sind, aber die wir  nicht  sichtbar wollen, einfach verstecken. Wenn wir sie später brauchen, können wir sie wieder abbilden. Die unnötigen Objekte  entfernen wir  spurlos. Auf diese Weise können wir Konstruktionen auch  später  und  nachträglich modifizieren. Dieses ist  beim klassischen geometrischen Zeichnen nicht möglich. Es ist klar, dass solche,  auf diese Art und Weise  modifizierte Konstruktionen  anschaulicher  sind.

Ein weiteres wichtiges Moment bildet  das Feedback, das die Schüler im klassischen Unterricht  erst später bekommen. Der Computer  ermöglicht  es  sofort. Die Schüler sehen beim Experimentieren praktisch gleich den Einfluss der Wandlung  der Eingangswerte auf die Verwandlung des Ergebnisses und dadurch sind sie über den  Erfolg  ihres  Vorgehens informiert 

  

 

Literatur

 

1.  VANÍÈEK, J. Kognitivní technologie (Kognitive Technologien).            

     <http://eamos.pf.jcu.cz/amos/kat_mat/externi/kat_mat_9782/k11.htm >.                                                                                                                           

2.  HEJNÝ, M.; KUØINA, F. Dítì, škola a matematika (Kind, Schule und Mathematik).Praha:       

     Portál 2001. ISBN 80-7178-581-4.

3.  ZVÁRA, K.; ŠTÌPÁN, J. Pravdìpodobnost a matematická statistika(Wahrscheinlichkeit

     und mathematische Statistik). 3. vydání.   MATFYZPRESS Praha 2003.

     ISBN 80-85863-94-4.

4.  GAVORA, P. Úvod do pedagogického výzkumu( Einführung in die pädagogische   

     Erforschung).  Brno: Paido-edice pedagogické literatury, 2000. ISBN 80-85931-79-6.

5.  CHRÁSKA, M. Úvod do výzkumu v pedagogice(Einführung  in Erforschung in        

      Pädagogik). Olomouc: UPOL 2003. ISBN 80-244-0765-5.

6.  ÈESKÝ PORTÁL CABRI GEOMETRIE (Tschechisches Portal Cabri Geometrie).

     <http://www.pf.jcu.cz/cabri>.

 

 

 

 

Kontaktadresse

 

Sedláèek Lubomír, Mgr.

Ústav matematiky, Fakulta technologická UTB,

nám. T.G. Masaryka 275, 762 72  Zlín, ÈR,

tel. 00420 608 424 521, lsedlacek@ft.utb.cz